AK, 12. Mai 2004

 

 

 

Gabriela Tobin ist keine Freundin des Wortes - wenn es darum geht, etwas über die eigenen Arbeiten zu erzählen. Sie steht auf dem Standpunkt: Was ich mach` sind keine Würstl, da gibts auch keinen Senf dazu.

Deshalb lasse ich den ganzen Künstler-Biographie-Schmarrn mit schwieriger Kindheit, früher Hinwendung zur Kunst usw. einfach mal weg. Zu den Arbeiten also:

Zwei Themenkreise sind hier zu sehen, die in letzter Zeit Gabriela Tobins Schaffen bestimmten:

Zum einen die "Delphinmenschen", versteinerte weibliche Rückenakte, die sich aus dem Grund herauswölben. Oder tauchen sie darin ab? Ist das ein konspiratives Treffen, ein Spiel, oder harte Feldarbeit? Eine winzige Drehung oder Verschiebung der Positionen macht hier den Unterschied zwischen Spannung und Langeweile oder zwischen Heiterkeit und Beklemmung.

Die Künstlerin nennt den zweiten Themenkreis "Fruchtkörper". Einfühlsam und zart hat sie hier Bachkiesel bearbeitet, Steine also, die im Lauf von Jahrtausenden von Gletschern und Flüssen abgeschliffen wurden. Jeder von uns kennt diese "Bummerl", sie sind uns vertraut in ihrer Formensprache und Textur. Gabriela Tobin hat mit ihrer sensiblen Bearbeitung diesen Steinen eine rätselhafte zweite Wahrnehmungsebene geschenkt. Wir erkennen Zitate aus Flora, Fauna und aus der menschlichen Anatomie. Grübchen, Wirbelsäulen, Blätter, Grate, Rippen, Haut, Stachel. Die Grenzen zwischen bearbeitetem und unbearbeitetem Stein verschwimmen oder werden persifliert: an der Oberfläche poliert, also ganz offensichtlich bearbeitet, aber weiter innen dann der natürliche Flusskiesel. Da spielt die Künstlerin Gletscher.

Ich empfinde diese Skulpturen wie kleine freundliche Wesen - unbekannt, aber nie fremd.

Der Weg hin zu dieser Fruchtkörper-Serie weist uns eine etwas ältere Arbeit aus Keramik: sehr organische und sehr sehr weibliche Formen bilden eine gefäßartige Skulptur.

Ein Freund hat gefragt: Ist es deas, was ich sehe?

Ja, mein Freund.

Immer.

(Grußwort zur Ausstellung in der Galerie auf Zeit, Weilheim, 2012)

 

 



Ästhetische Sinnlichkeit verleiht Gabriela Tobin ihren Plastiken, Formen und Oberflächen vemitteln Intimität und Zugehörigkeit und erwecken den Wunsch, die Arbeiten zu berühren. Auf diese Weise schlägt sie für den Betrachter Brücken zwischen Kunst als Objekt und Kunst als Erfahrung.

AK, 22. November 2011